Temperaturmessung mit 1-Wire am Schichtspeicher – der Schlüssel für weitgehend solare Autarkie
Verfasst: Do Okt 28, 2021 11:15 pm
Hallo zusammen,
zwei Vorbemerkungen:
1. Dies ist Thread, der bei Interesse Eurerseits über Monate, wenn nicht Jahre weiter wächst, denn die Umsetzung geht in Schritten (und braucht Zeit).
2. Mit dem Timberwolf hat man eine sehr steile Lernkurve. Ich kannte mich weder mit dem TWS, noch 1-Wire/Wiregate aus und Grafana kannte ich nur vom Namen. Vom ersten Einschalten des Timberwolfs vor weniger als 10 Tagen bis heute – davon abendelang 78 1-Wire-Anlegetemperaturfühler verkabelt – und gerade 2 Abende für erste Gehversuche mit den Auswertungen kommen aus meiner Sicht schon beachtliche Ergebnisse / Erkenntnisse heraus.
Eines unserer Hauptziele im SmartHome
So wenig wie möglich Energie aus dem Netz zu beziehen, zu bezahlen und möglichst unabhängig vor Ort selbst zu erzeugen.
Das hilft der Umwelt, denn selbst der 100% Wasserkraft-Stromvertrag führt zu nicht unerheblichen Netzverlusten, wenn woanders Energie erzeugt als verbraucht wird und der Kachelofen ist zwar CO2-neutral, aber nicht emissionsfrei, also eher ein Hobby für die Gemütlichkeit.
Das Ganze aber vernünftig, ohne auf Komfort zu verzichten, denn sonst spielt meine bessere Hälfte nicht mit. Und realistisch müssen wir auch bleiben, 100% Autarkie sind zwar technisch möglich, aber wirtschaftlich mit nicht unerheblichen Investitionen verbunden. Wir wollen mit etwas Verrücktheit und Leidenschaft testen, bis wo wir die Grenze (mit vertretbaren Mitteln) verschieben können.
Temperaturmessung mit 1-Wire am Schichtspeicher – der Schlüssel für weitgehend solare Autarkie?
Klingt auf den ersten Blick dick aufgetragen, aber da ist mehr dran als es scheint und ein ersten Vorgeschmack kommt hier.
Die Kombination der Temperaturmessung mit einem definierten Füllvolumen ergibt nämlich sofort einen Energieinhalt (z.B. in kWh), ohne weitere Messinstrumente. Will ich die Wärmemengen eines Anlagenteils messen, müsste ich anderenfalls die Temperaturspreizung (Vorlauf – Rücklauf) und den Volumenstrom kennen, beispielsweise über einen Impulszähler mit einem KNX-Zählmodul. Das ist schon ein bisschen mehr Aufwand, mal abgesehen davon, dass bei uns noch kein KNX läuft.
Würde in einem Pufferspeicher die Messung an ein oder zwei Stellen reichen, müssen bei einem Schichtspeicher mehr Sensoren eingesetzt werden. Warum? Der große Vorteil eines Schichtspeichers ist, dass er unterschiedliche Temperaturen in unterschiedlichen Schichten speichert. Dies ist bei mehreren Wärmeverbrauchen sehr hilfreich, denn die Trinkwasser-Erwärmung (heute oft über einen Wärmetauscher als Frischwasserstation), die Heizkörper, die Fußbodenheizung und in unserem Fall die Garagenauffahrt-Enteisung für Notfälle benötigen sehr unterschiedliche Temperaturen. Auch die Wärmeerzeuger, insbesondere die Solarthermie durchfährt im Laufe des Jahres ein riesiges Spektrum von lauen 30°C bis über 95°C im Schichtspeicher, primär natürlich noch höher. Ergo kann ich mit einem Sensor nicht auf die gespeicherte Wärmemenge schließen, ich muss die Schichten annähernd abbilden. Einige Recherchen haben bei unserem Schichtspeicher alle 14cm als sinnvolles Maß ergeben, siehe mein anderer 1-Wire-Bericht: 2x40 1-Wire-Sensoren als Linie mit kleinen Sternen / Auflösung & Sendefilter / 1-Wire Auslastungsanzeige
Stellt sich immer noch die Frage, wofür das eigentlich gut sein soll?
Um das o.g. Hauptziel zu erreichen, wird die Sache etwas komplizierter und da kommt oberhalb der operativen Heizungssteuerung, die einen möglichst ausfallsicheren Betrieb über etablierte Regler sicher stellt und für die auch der Heizungsbauer verantwortlich ist, der Timberwolf als „Stratege“ und Prognose-basierte Optimierung ins Spiel.
Basierend auf der Vorhersage der Außentemperatur wird die Anlage einen Wärmebedarf für die nächsten 3 Tage ermitteln, abzüglich der stundengenauen solaren Einstrahlung durch größere Fensterflächen, bei denen raumgenau FBH-Bereiche vorsorglich abgesenkt werden müssen, um eine jetzt schon eintretende Überhitzung von Räumen zu verhindern. Das ganze noch ergänzt mit der Anzahl der Personen, die eine Vorhersage des Warmwasserbedarfs zulässt (z.B. bei Abwesenheit Null).
Das gleiche auf der Erzeugungsseite, wobei es hier weit komplizierter wird. Die Basis ist die stundengenaue Prognose der solaren Einstrahlung sowohl für PV als auch Solarthermie für voraussichtlich 3 Tage. Durch einen Vergleich mit den tatsächlich erzielten Erträgen der vergangenen beiden Wochen gibt sich so – solange sich das Wetter nicht vollkommen ändert – eine sehr gute Vorhersage, wann und wie viel Strom und Wärme erzeugt wird. Bei der Wärme auch, welche Vorlauftemperatur die Solarthermie mit Ausregelung der Primärpumpen (noch) schafft.
Der Vergleich von Wärmeverbrauchsprognose mit der Wärmeerzeugungsprognose über mehrere Tage im Voraus ergibt die optimale Strategie. Schafft die Solarthermie das alleine direkt, ist die Sache einfach. Schafft sie es nicht, muss die Wärmepumpe ran. Neben einer anteiligen Nutzung von PV-Strom kann dabei die Solarthermie quellenseitig unterstützen, den Eisspeicher bzw. die Erdwärmekörbe nacherhitzen, welches den COP (Coefficient of Performance, quasi wieviel kWh Wärme bekomme ich für eine kWh Strom) positiv beeinflusst. Das hängt aber davon ab, wie viele Stunden die Sonne scheint und überhaupt wie es die nächsten Tage aussieht. Ist es heute oder morgen sehr sonnig, danach aber nur noch „trübe Suppe“, kann die Strategie lauten mehr Wärme zu erzeugen und diese im großen Schichtspeicher für viele Tage im Voraus abzulegen. Der verliert nur grob 1,5°C pro Tag und noch ist nicht alles perfekt isoliert, da kommen wir schon viele Tage über die Runden (natürlich auch abhängig vom Verbrauch). Will man jedoch für mehr Tage einspeichern, benötigen wir höhere Temperaturen, damit sinkt aber wieder der COP der Wärmepumpe. Und man ahnt es, hier wird die Sache kompliziert, weil es ökonomisch keinen Sinn macht, mit schlechtem Wirkungsgrad Tage im Voraus zu produzieren, wenn es günstiger bei täglichem Lauf würde. Auch der Hausstromverbrauch und ob voraussichtlich ein Anteil PV-Erzeugung zur Verfügung steht, muss berücksichtigt werden. Auch setzen ein größerer Heizbedarf im tiefsten Winter diesen Tricks Grenzen. Hier gilt es vollautomatisch das ökonomische Optimum zu finden, will man nicht täglich mit dem Taschenrechner vor der Technik stehen. Unter anderem dafür haben wir den Timberwolf, denn SmartHome heißt, sich um solche Sachen nicht selbst zu kümmern.
Konkretes Ziel im 1. Schritt:
• Wieviel kWh sind für jeden Verbraucher gespeichert?
• Wie hoch ist der Verbrauch (kWh) der unterschiedlichen Verbraucher pro Tag?
• Wie hoch ist die Erzeugung (kWh) pro Tag?
Diese Fragen lassen sich alle schon überschlagsweise mit den paar 1-Wire-Sensoren nach wenigen Abenden Zeitinvest beantworten.
Energiemengen der Schichten in Grafana
Die Sache ist mit dem TWS so einfach, alle 1-Wire-Anlegefühler als Grafik anzeigen lassen (dabei aber mit der obersten heißen Schicht beginnen), dann noch in den Grafikeigenschaften auf Stapeln setzen, die Farben noch sinnvoll für warm und kalt einstellen und schon sind wir fast am Ziel. Der Sinn mit den obersten heißen Schichten zu beginnen und diese folglich im Stapel ganz unten zu haben liegt darin, dass diese die „wertvollsten“ – weil heißesten – Schichten sind, an die man möglichst nicht ran geht. Die unterste ist von jedem Verbrauch betroffen und ändert sich entsprechend ständig. Würden die weitgehend gleichbleibenden Schichten im Stapel ganz oben aber immer rauf und runter wandern, würde man kaum erkennen könne, ob diese Schicht kleiner oder größer wird. Gleichzeitig ist es so, dass die heißeste Schicht für Warmwasser, aber auch für die Handtuchheizkörper, aber auch für die Fußbodenheizung und notfalls sogar draußen Eis taut. Umgekehrt bekomme ich mit 30°C Wasser nur noch die FBH und die Enteisung zum Laufen. Man kann also mit dem Cursor von unten in die untersten Schichten gehen, die noch ausreichend Temperatur haben und versteht, welche additiv dort zur Verfügung steht. Für die anspruchslosen Verbraucher der kalten Schichten steht der gesamte Speicherinhalt zur Verfügung unter der Randbedingung, dass dann natürlich morgen früh die Dusche kalt wird
Eine Nuss musste geknackt werden, um die Temperaturwerte in kWh umzurechnen. Pro Liter und Kelvin sind dies 1,16 Wh, d.h. die Rechnung „Temperatur * Liter der Schicht / 860“ ergibt die kWh gespeicherten Schicht. Das Problem war nur, dass der Bezug 0°C eher unpraktisch ist, realistisch ergibt 20°C ein sinnvolles Bild, weil unter 20°C kann ich im Haus nichts mehr mit der Temperatur anfangen. Der „math“ Befehl in Grafana arbeitet aber richtigerweise mit Punkt vor Strich, erlaubt aber keine Klammern, so ließ sich die Formel „(1-Wire-Temperatur – 20°C) * Liter der Schicht / 860“ nicht umsetzen. Einige Recherche bei den InfluxDB Select-Befehlen haben ergeben, dass sich dies nur in der Befehlszeile selbst umsetzen lässt, dafür klickt man auf den Bleistift rechts oben. Danach darf man aber nicht mehr zurückschalten, sonst ist die händische Formel wieder weg. Das sieht dann so aus:
Mit ein bisschen Fleißarbeit war dann rund 20 Minuten später der ganze Graph fertig:
Hier können wir außerordentlich viel ablesen:
Der reine Speicherverlust bei Abwesenheit/Nacht über 16 Stunden von gerade einmal 116,77-115,18 = 1,59 kWh (1,3%):
An einem anderen Tag bei Abwesenheit konnte ich ca. 1,5°C Speicherverlust pro Tag direkt an den Temperaturlinien sehen, sehr passabel.
Die Solarthermie brachte am 24.10. immerhin noch 17 kWh und das alles sauber eingeschichtet ohne die hier unten dargestellten heißen Schichten zu zerstören:
Am 26.10. um 16.00h mussten wir erstmals nach dem Sommerschlaf unsere Wärmepumpe starten. Um den Wärmetauscher des Eisspeichers zu testen haben wir diese bewusst sehr lange und in hohe Temperaturen getrieben. Es wurden 78 kWh geladen. Unsere Wärmepumpe hat HGL-Technik, d.h. einen Hochtemperatur und einen Niedertemperatur-Ausgang. Das erklärt, warum die heißen Zonen etwas schneller als die kalten wachsen, weil direkt vom Start ca. 50°C im Hochtemperatur- und langsam ansteigend >30°C im Niedertemperaturbereich geliefert werden. Wäre dies nicht der Fall, wäre eine gleichmäßige Zunahme aller Temperaturzonen zu erwarten. Dieser hat dann um 20.20h sprunghaft die Hochtemperatur auf fast 74°C erhöht auf Kosten von etwas Leistung im Niedertemperaturbereich, auch das sieht man: Der rote heiße Bereich nimmt zu, im organgenen Mittenbereich flaut es etwas ab.
Gleichzeitig begann die FBH das leicht ausgekühlte Haus aufzuheizen, durch einfaches Hoovern mit dem Zeiger über die verschiedenen Punkte konnte ich sofort ablesen, wie viele kWh pro Stunde hier weg gehen, das muss nur in Grafana aktiviert werden. Auch schön zu erkennen: Die Wärmeentnahme „frisst“ sich von unten in den Speicher hinein, erst „schmelzen“ die blauen Schichten von unten und dann immer weiter nach oben, denkt daran, die heißen Zonen sind in der Grafik unten. Das zeigt, wie sauber die Entnahme aus der Schichtung erfolgt, die heißen Zonen für Warmwasser bleiben völlig unbeeinträchtigt.
Meine Frau hat viertel vor Sieben als erste geduscht, scheinbar ziemlich ausführlich, 2,5 kWh Wärme. Ich selbst danach sparsamer, 1,2 kWh Wärme.
Die Solarthermie hat aufgrund der mittags herauskommenden Sonne den Speicher aufgeladen. Man erkennt, dass der Verbrauch der FBH „gebremst“ wird, aber auch, dass dies zu lasten höherer Temperaturschichten geht, denn diese verlieren an Wärme, weil deren Temperatur sinkt. Warum? Die Solarpumpe läuft noch ungeregelt und fördert für diese Temperaturen zu viel Wasser mit zu wenig Temperatur. Das bringt zwar immer noch Energie in den Speicher, aber „schaufelt“ wertvolle Energie aus den heißeren Schichten in die Mitte runter. Sehr ungünstig.
Hand auf’s Herz: Wer hätte das ohne die Schichtmessung bemerkt?
(Wenn man jetzt nicht als Fachmann auf die Pumpe schaut und dort die zu hohe Drehzahl erkennt).
Danach läuft wieder die Wärmepumpe, die ich um 16.30h händisch abgeschaltet habe. Über die nächsten 16 Stunden lief quasi nur die FBH, die beim Aufheizen des Hauses immer noch erheblich Wärme braucht. Ich hätte es noch am Abend an der gedachten Verlängerung der stark fallenden blauen Flanke erkennen können, dass die morgendliche Dusche nicht mehr richtig heiß werden wird, weil dann die FBH sich bis in die warmen Zonen hinein gefressen hat. So war es auch und ich im Bademantel nach lauer Dusche als erstes am Einschalter der Wärmepumpe.
Die letzte offene der oben genannten Frage war aber, wieviel Energie für einen Verbraucher im Schichtspeicher (auf einem Mindesttemperaturniveau) gespeichert ist. Das geht mit folgender Einstellung, indem die Werte nicht nur um 45°C in diesem Beispiel gesenkt, sondern auch alle niedrigeren Werte ausgefiltert werden. Das ist deshalb wichtig, weil die einfache Subtraktion bei den kälteren Schichten zu negativen Werten führt, die von der heißeren Zone oben quasi abgezogen werden. Daher alles unterhalb 45°C ausfiltern und die verbleibenden Werte um 45° subtrahieren, schließlich noch die Wärmeumrechnung. Die 267 Liter ist das Volumen einer unserer Schichten.
In voller Größe erkennt man genau, warum am 28.10. die Dusche in Bedrängnis geriet:
Und auch am 24.10h haben wir dringend Sonne gebraucht, um Warmwasser zur Verfügung zu haben. Zuletzt wird noch etwas deutlich: Das testweise in hohe Temperaturen Hochlaufenlassen der Wärmepumpe hätte rund 20 Duschvorgänge erlaubt. Die jetzige Einstellung mit 7,4 kWh auf über 45°C gerade mal 3 meiner Frau, vielleicht 4-5 von mir. Es ist irrelevant wir wir Duschen oder Heizen, aber es wird deutlich, wie genau man mit dem Speicherinhalt und der Kenntnis eines typischen Verbrauches kalkulieren kann. Und wie diese Werte wieder zurück in die Heizungssteuerung fließen müssen.
Zudem sieht man sämtliche Wärmegewinne (Solar oder WP) und sämtliche Verbraucher nach Wahl minutengenau oder über den ganzen Tag und kann diese einfach über eine Differenz in kWh ablesen. Und auch, wenn dort etwas nicht optimal läuft, genau darum geht es!
Mit 15 1-Wire Sensoren, PBM und Timberwolf. Keine Impulszähler oder aufwändige Messtechnik.
In Grafana ist das Ziel erreicht und für die Fertigstellung der Heizungssteuerung eine sehr wertvolle Hilfe. In vielen Monaten muss das in die Logik-Engine, weil wir ja keine bunte Grafiken anschauen wollen, sondern die oben genannte Optimierung selbstständig über KNX laufen soll.
Schöne Grüße,
Jochen
zwei Vorbemerkungen:
1. Dies ist Thread, der bei Interesse Eurerseits über Monate, wenn nicht Jahre weiter wächst, denn die Umsetzung geht in Schritten (und braucht Zeit).
2. Mit dem Timberwolf hat man eine sehr steile Lernkurve. Ich kannte mich weder mit dem TWS, noch 1-Wire/Wiregate aus und Grafana kannte ich nur vom Namen. Vom ersten Einschalten des Timberwolfs vor weniger als 10 Tagen bis heute – davon abendelang 78 1-Wire-Anlegetemperaturfühler verkabelt – und gerade 2 Abende für erste Gehversuche mit den Auswertungen kommen aus meiner Sicht schon beachtliche Ergebnisse / Erkenntnisse heraus.
Eines unserer Hauptziele im SmartHome
So wenig wie möglich Energie aus dem Netz zu beziehen, zu bezahlen und möglichst unabhängig vor Ort selbst zu erzeugen.
Das hilft der Umwelt, denn selbst der 100% Wasserkraft-Stromvertrag führt zu nicht unerheblichen Netzverlusten, wenn woanders Energie erzeugt als verbraucht wird und der Kachelofen ist zwar CO2-neutral, aber nicht emissionsfrei, also eher ein Hobby für die Gemütlichkeit.
Das Ganze aber vernünftig, ohne auf Komfort zu verzichten, denn sonst spielt meine bessere Hälfte nicht mit. Und realistisch müssen wir auch bleiben, 100% Autarkie sind zwar technisch möglich, aber wirtschaftlich mit nicht unerheblichen Investitionen verbunden. Wir wollen mit etwas Verrücktheit und Leidenschaft testen, bis wo wir die Grenze (mit vertretbaren Mitteln) verschieben können.
Temperaturmessung mit 1-Wire am Schichtspeicher – der Schlüssel für weitgehend solare Autarkie?
Klingt auf den ersten Blick dick aufgetragen, aber da ist mehr dran als es scheint und ein ersten Vorgeschmack kommt hier.
Die Kombination der Temperaturmessung mit einem definierten Füllvolumen ergibt nämlich sofort einen Energieinhalt (z.B. in kWh), ohne weitere Messinstrumente. Will ich die Wärmemengen eines Anlagenteils messen, müsste ich anderenfalls die Temperaturspreizung (Vorlauf – Rücklauf) und den Volumenstrom kennen, beispielsweise über einen Impulszähler mit einem KNX-Zählmodul. Das ist schon ein bisschen mehr Aufwand, mal abgesehen davon, dass bei uns noch kein KNX läuft.
Würde in einem Pufferspeicher die Messung an ein oder zwei Stellen reichen, müssen bei einem Schichtspeicher mehr Sensoren eingesetzt werden. Warum? Der große Vorteil eines Schichtspeichers ist, dass er unterschiedliche Temperaturen in unterschiedlichen Schichten speichert. Dies ist bei mehreren Wärmeverbrauchen sehr hilfreich, denn die Trinkwasser-Erwärmung (heute oft über einen Wärmetauscher als Frischwasserstation), die Heizkörper, die Fußbodenheizung und in unserem Fall die Garagenauffahrt-Enteisung für Notfälle benötigen sehr unterschiedliche Temperaturen. Auch die Wärmeerzeuger, insbesondere die Solarthermie durchfährt im Laufe des Jahres ein riesiges Spektrum von lauen 30°C bis über 95°C im Schichtspeicher, primär natürlich noch höher. Ergo kann ich mit einem Sensor nicht auf die gespeicherte Wärmemenge schließen, ich muss die Schichten annähernd abbilden. Einige Recherchen haben bei unserem Schichtspeicher alle 14cm als sinnvolles Maß ergeben, siehe mein anderer 1-Wire-Bericht: 2x40 1-Wire-Sensoren als Linie mit kleinen Sternen / Auflösung & Sendefilter / 1-Wire Auslastungsanzeige
Stellt sich immer noch die Frage, wofür das eigentlich gut sein soll?
Um das o.g. Hauptziel zu erreichen, wird die Sache etwas komplizierter und da kommt oberhalb der operativen Heizungssteuerung, die einen möglichst ausfallsicheren Betrieb über etablierte Regler sicher stellt und für die auch der Heizungsbauer verantwortlich ist, der Timberwolf als „Stratege“ und Prognose-basierte Optimierung ins Spiel.
Basierend auf der Vorhersage der Außentemperatur wird die Anlage einen Wärmebedarf für die nächsten 3 Tage ermitteln, abzüglich der stundengenauen solaren Einstrahlung durch größere Fensterflächen, bei denen raumgenau FBH-Bereiche vorsorglich abgesenkt werden müssen, um eine jetzt schon eintretende Überhitzung von Räumen zu verhindern. Das ganze noch ergänzt mit der Anzahl der Personen, die eine Vorhersage des Warmwasserbedarfs zulässt (z.B. bei Abwesenheit Null).
Das gleiche auf der Erzeugungsseite, wobei es hier weit komplizierter wird. Die Basis ist die stundengenaue Prognose der solaren Einstrahlung sowohl für PV als auch Solarthermie für voraussichtlich 3 Tage. Durch einen Vergleich mit den tatsächlich erzielten Erträgen der vergangenen beiden Wochen gibt sich so – solange sich das Wetter nicht vollkommen ändert – eine sehr gute Vorhersage, wann und wie viel Strom und Wärme erzeugt wird. Bei der Wärme auch, welche Vorlauftemperatur die Solarthermie mit Ausregelung der Primärpumpen (noch) schafft.
Der Vergleich von Wärmeverbrauchsprognose mit der Wärmeerzeugungsprognose über mehrere Tage im Voraus ergibt die optimale Strategie. Schafft die Solarthermie das alleine direkt, ist die Sache einfach. Schafft sie es nicht, muss die Wärmepumpe ran. Neben einer anteiligen Nutzung von PV-Strom kann dabei die Solarthermie quellenseitig unterstützen, den Eisspeicher bzw. die Erdwärmekörbe nacherhitzen, welches den COP (Coefficient of Performance, quasi wieviel kWh Wärme bekomme ich für eine kWh Strom) positiv beeinflusst. Das hängt aber davon ab, wie viele Stunden die Sonne scheint und überhaupt wie es die nächsten Tage aussieht. Ist es heute oder morgen sehr sonnig, danach aber nur noch „trübe Suppe“, kann die Strategie lauten mehr Wärme zu erzeugen und diese im großen Schichtspeicher für viele Tage im Voraus abzulegen. Der verliert nur grob 1,5°C pro Tag und noch ist nicht alles perfekt isoliert, da kommen wir schon viele Tage über die Runden (natürlich auch abhängig vom Verbrauch). Will man jedoch für mehr Tage einspeichern, benötigen wir höhere Temperaturen, damit sinkt aber wieder der COP der Wärmepumpe. Und man ahnt es, hier wird die Sache kompliziert, weil es ökonomisch keinen Sinn macht, mit schlechtem Wirkungsgrad Tage im Voraus zu produzieren, wenn es günstiger bei täglichem Lauf würde. Auch der Hausstromverbrauch und ob voraussichtlich ein Anteil PV-Erzeugung zur Verfügung steht, muss berücksichtigt werden. Auch setzen ein größerer Heizbedarf im tiefsten Winter diesen Tricks Grenzen. Hier gilt es vollautomatisch das ökonomische Optimum zu finden, will man nicht täglich mit dem Taschenrechner vor der Technik stehen. Unter anderem dafür haben wir den Timberwolf, denn SmartHome heißt, sich um solche Sachen nicht selbst zu kümmern.
Konkretes Ziel im 1. Schritt:
• Wieviel kWh sind für jeden Verbraucher gespeichert?
• Wie hoch ist der Verbrauch (kWh) der unterschiedlichen Verbraucher pro Tag?
• Wie hoch ist die Erzeugung (kWh) pro Tag?
Diese Fragen lassen sich alle schon überschlagsweise mit den paar 1-Wire-Sensoren nach wenigen Abenden Zeitinvest beantworten.
Energiemengen der Schichten in Grafana
Die Sache ist mit dem TWS so einfach, alle 1-Wire-Anlegefühler als Grafik anzeigen lassen (dabei aber mit der obersten heißen Schicht beginnen), dann noch in den Grafikeigenschaften auf Stapeln setzen, die Farben noch sinnvoll für warm und kalt einstellen und schon sind wir fast am Ziel. Der Sinn mit den obersten heißen Schichten zu beginnen und diese folglich im Stapel ganz unten zu haben liegt darin, dass diese die „wertvollsten“ – weil heißesten – Schichten sind, an die man möglichst nicht ran geht. Die unterste ist von jedem Verbrauch betroffen und ändert sich entsprechend ständig. Würden die weitgehend gleichbleibenden Schichten im Stapel ganz oben aber immer rauf und runter wandern, würde man kaum erkennen könne, ob diese Schicht kleiner oder größer wird. Gleichzeitig ist es so, dass die heißeste Schicht für Warmwasser, aber auch für die Handtuchheizkörper, aber auch für die Fußbodenheizung und notfalls sogar draußen Eis taut. Umgekehrt bekomme ich mit 30°C Wasser nur noch die FBH und die Enteisung zum Laufen. Man kann also mit dem Cursor von unten in die untersten Schichten gehen, die noch ausreichend Temperatur haben und versteht, welche additiv dort zur Verfügung steht. Für die anspruchslosen Verbraucher der kalten Schichten steht der gesamte Speicherinhalt zur Verfügung unter der Randbedingung, dass dann natürlich morgen früh die Dusche kalt wird
Eine Nuss musste geknackt werden, um die Temperaturwerte in kWh umzurechnen. Pro Liter und Kelvin sind dies 1,16 Wh, d.h. die Rechnung „Temperatur * Liter der Schicht / 860“ ergibt die kWh gespeicherten Schicht. Das Problem war nur, dass der Bezug 0°C eher unpraktisch ist, realistisch ergibt 20°C ein sinnvolles Bild, weil unter 20°C kann ich im Haus nichts mehr mit der Temperatur anfangen. Der „math“ Befehl in Grafana arbeitet aber richtigerweise mit Punkt vor Strich, erlaubt aber keine Klammern, so ließ sich die Formel „(1-Wire-Temperatur – 20°C) * Liter der Schicht / 860“ nicht umsetzen. Einige Recherche bei den InfluxDB Select-Befehlen haben ergeben, dass sich dies nur in der Befehlszeile selbst umsetzen lässt, dafür klickt man auf den Bleistift rechts oben. Danach darf man aber nicht mehr zurückschalten, sonst ist die händische Formel wieder weg. Das sieht dann so aus:
Mit ein bisschen Fleißarbeit war dann rund 20 Minuten später der ganze Graph fertig:
Hier können wir außerordentlich viel ablesen:
Der reine Speicherverlust bei Abwesenheit/Nacht über 16 Stunden von gerade einmal 116,77-115,18 = 1,59 kWh (1,3%):
An einem anderen Tag bei Abwesenheit konnte ich ca. 1,5°C Speicherverlust pro Tag direkt an den Temperaturlinien sehen, sehr passabel.
Die Solarthermie brachte am 24.10. immerhin noch 17 kWh und das alles sauber eingeschichtet ohne die hier unten dargestellten heißen Schichten zu zerstören:
Am 26.10. um 16.00h mussten wir erstmals nach dem Sommerschlaf unsere Wärmepumpe starten. Um den Wärmetauscher des Eisspeichers zu testen haben wir diese bewusst sehr lange und in hohe Temperaturen getrieben. Es wurden 78 kWh geladen. Unsere Wärmepumpe hat HGL-Technik, d.h. einen Hochtemperatur und einen Niedertemperatur-Ausgang. Das erklärt, warum die heißen Zonen etwas schneller als die kalten wachsen, weil direkt vom Start ca. 50°C im Hochtemperatur- und langsam ansteigend >30°C im Niedertemperaturbereich geliefert werden. Wäre dies nicht der Fall, wäre eine gleichmäßige Zunahme aller Temperaturzonen zu erwarten. Dieser hat dann um 20.20h sprunghaft die Hochtemperatur auf fast 74°C erhöht auf Kosten von etwas Leistung im Niedertemperaturbereich, auch das sieht man: Der rote heiße Bereich nimmt zu, im organgenen Mittenbereich flaut es etwas ab.
Gleichzeitig begann die FBH das leicht ausgekühlte Haus aufzuheizen, durch einfaches Hoovern mit dem Zeiger über die verschiedenen Punkte konnte ich sofort ablesen, wie viele kWh pro Stunde hier weg gehen, das muss nur in Grafana aktiviert werden. Auch schön zu erkennen: Die Wärmeentnahme „frisst“ sich von unten in den Speicher hinein, erst „schmelzen“ die blauen Schichten von unten und dann immer weiter nach oben, denkt daran, die heißen Zonen sind in der Grafik unten. Das zeigt, wie sauber die Entnahme aus der Schichtung erfolgt, die heißen Zonen für Warmwasser bleiben völlig unbeeinträchtigt.
Meine Frau hat viertel vor Sieben als erste geduscht, scheinbar ziemlich ausführlich, 2,5 kWh Wärme. Ich selbst danach sparsamer, 1,2 kWh Wärme.
Die Solarthermie hat aufgrund der mittags herauskommenden Sonne den Speicher aufgeladen. Man erkennt, dass der Verbrauch der FBH „gebremst“ wird, aber auch, dass dies zu lasten höherer Temperaturschichten geht, denn diese verlieren an Wärme, weil deren Temperatur sinkt. Warum? Die Solarpumpe läuft noch ungeregelt und fördert für diese Temperaturen zu viel Wasser mit zu wenig Temperatur. Das bringt zwar immer noch Energie in den Speicher, aber „schaufelt“ wertvolle Energie aus den heißeren Schichten in die Mitte runter. Sehr ungünstig.
Hand auf’s Herz: Wer hätte das ohne die Schichtmessung bemerkt?
(Wenn man jetzt nicht als Fachmann auf die Pumpe schaut und dort die zu hohe Drehzahl erkennt).
Danach läuft wieder die Wärmepumpe, die ich um 16.30h händisch abgeschaltet habe. Über die nächsten 16 Stunden lief quasi nur die FBH, die beim Aufheizen des Hauses immer noch erheblich Wärme braucht. Ich hätte es noch am Abend an der gedachten Verlängerung der stark fallenden blauen Flanke erkennen können, dass die morgendliche Dusche nicht mehr richtig heiß werden wird, weil dann die FBH sich bis in die warmen Zonen hinein gefressen hat. So war es auch und ich im Bademantel nach lauer Dusche als erstes am Einschalter der Wärmepumpe.
Die letzte offene der oben genannten Frage war aber, wieviel Energie für einen Verbraucher im Schichtspeicher (auf einem Mindesttemperaturniveau) gespeichert ist. Das geht mit folgender Einstellung, indem die Werte nicht nur um 45°C in diesem Beispiel gesenkt, sondern auch alle niedrigeren Werte ausgefiltert werden. Das ist deshalb wichtig, weil die einfache Subtraktion bei den kälteren Schichten zu negativen Werten führt, die von der heißeren Zone oben quasi abgezogen werden. Daher alles unterhalb 45°C ausfiltern und die verbleibenden Werte um 45° subtrahieren, schließlich noch die Wärmeumrechnung. Die 267 Liter ist das Volumen einer unserer Schichten.
In voller Größe erkennt man genau, warum am 28.10. die Dusche in Bedrängnis geriet:
Und auch am 24.10h haben wir dringend Sonne gebraucht, um Warmwasser zur Verfügung zu haben. Zuletzt wird noch etwas deutlich: Das testweise in hohe Temperaturen Hochlaufenlassen der Wärmepumpe hätte rund 20 Duschvorgänge erlaubt. Die jetzige Einstellung mit 7,4 kWh auf über 45°C gerade mal 3 meiner Frau, vielleicht 4-5 von mir. Es ist irrelevant wir wir Duschen oder Heizen, aber es wird deutlich, wie genau man mit dem Speicherinhalt und der Kenntnis eines typischen Verbrauches kalkulieren kann. Und wie diese Werte wieder zurück in die Heizungssteuerung fließen müssen.
Zudem sieht man sämtliche Wärmegewinne (Solar oder WP) und sämtliche Verbraucher nach Wahl minutengenau oder über den ganzen Tag und kann diese einfach über eine Differenz in kWh ablesen. Und auch, wenn dort etwas nicht optimal läuft, genau darum geht es!
Mit 15 1-Wire Sensoren, PBM und Timberwolf. Keine Impulszähler oder aufwändige Messtechnik.
In Grafana ist das Ziel erreicht und für die Fertigstellung der Heizungssteuerung eine sehr wertvolle Hilfe. In vielen Monaten muss das in die Logik-Engine, weil wir ja keine bunte Grafiken anschauen wollen, sondern die oben genannte Optimierung selbstständig über KNX laufen soll.
Schöne Grüße,
Jochen